Was haben Bitcoiner eigentlich von Joana Cotar?
Statt Karriere-Ende macht Cotar Wahlkampf für ihre neue Partei. Warum sie als Politikerin keine gute Bitcoin-Lobbyistin sein kann und warum sie mehr von Bitcoinern profitiert als umgekehrt.
Einleitung
Cotar fiel zunächst mit fundierten Fragen zu Bitcoin und Lightning im Digitalausschuss auf:
Später sorgte sie mit einer CBDC-kritischen Rede im Bundestag (mit Bitcoin-Shirt!) für Aufsehen:
Cotar war kurz zuvor aus der AfD ausgetreten. Dort ist Bitcoin schon länger kein unbekanntes Thema mehr:
2017 - 2023: AfD macht mit Bitcoin Wahlkampf
Bereits 2017 luden Beatrix von Storch und Alice Weidel den Autoren des Buchs "Bitcoin - Geld ohne Staat" (Aaron Koenig) in eine Runde zum Thema Bitcoin ein. Im Gegenzug kündigte er 2018 Weidel als Teilnehmerin der Unchain-Konferenz an, damit sie dort über ihr vermeintliches Bitcoin-Startup berichtet.
Weidel machte Bitcoin-Werbung nur in Kombination mit Euro-Kritik und eigenem Wahlkampf. Ihr wurde deshalb eine Bühne auf einer Bitcoin-Konferenzen angeboten, weil man sich Infos zu ihrem "Bitcoin-Projekt" erhoffte.
Damals wurden die gleichen "Ist Bitcoin rechts"-Diskussionen geführt, die auch heute nicht weniger ablenkend verlaufen und deshalb auch nicht aufgefrischt werden brauchen.
Doch wie ging die Kontroverse damals aus?
Nach einiger Kritik sagte Weidel ihre Teilnahme an der Konferenz bereits kurz nach Ankündigung "aus Termingründen" wieder ab; die Organisatoren bedauerten die Politisierung der Konferenz und beteuerten, dass es ihnen nicht um Wahlkampf ginge. Sie wollten zukünftig auf die Einladung von Politikern verzichten.
Weidel's Bitcoin-Projekt war zuerst "noch nicht spruchfrei" und später nie existent gewesen - alles nur ein Missverständnis. Statt positiver Lobby-Arbeit, die sich Bitcoiner erhofften, blieb schlechte Presse, die Bitcoins Einordnung im rechten Spektrum diskutierten.
Bitcoin-Sympathie als Deckmantel für Regierungs-Kritik zu missbrauchen ist also keine Erfindung von Cotar, sondern war davor und danach in der AfD nicht unüblich - so zuletzt geschehen beim Kreisverband München-Nord im Juni 23.
Was Cotar anders macht
Aber obwohl Weidel und Cotar die gleiche Strategie verfolgten (Wahlkampf getarnt als Bitcoin-Lobby-Arbeit), erzeugte Cotar mehr Aufmerksamkeit. Woran liegt das?
Erstens sind Bitcoin-Influencer/Konferenzen aufgrund der heute größeren Konkurrenz eher gezwungen, mit kontroversen Personen Einnahmen zu generieren. Dies führte dazu, dass es für Cotar einfacher war, auch in reichweitenstarken Formaten aufzutreten (u.a. Blocktrainer, BTC23, PlanB, ...).
Zweitens ist ihr Bitcoin-"Projekt" kein aufwändiges Startup, welches ein Produkt bräuchte und dessen Scheitern als ihr Makel ausgelegt werden könnte. Ihr "Bitcoin-im-Bundestag"-Projekt behauptet lediglich, andere Politiker über Bitcoin informieren zu wollen. Dass von den angekündigten Infoveranstaltungen für Politiker exakt so viele realisiert wurden wie Weidels Bitcoin-Startups - nämlich null - ist kein Nachteil, sondern vielleicht sogar von Cotar gewollt, denn:
“Bitcoin-im-Bundestag” hat nicht zum Ziel, andere Politiker von Bitcoin zu überzeugen, sondern Bitcoiner von Cotar zu überzeugen.
Goldenes Ticket
"Bitcoin-im-Bundestag" ist ihr goldenes Eintrittsticket und der Backstage-Pass, um auf Konferenzen, Kanäle und Spaces eingeladen zu werden.
Die Schuld für den fehlenden Projekt-Fortschritt schiebt sie sogleich anderen, unkooperativen Politikern in die Schuhe, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit in der AfD meiden würden. Das macht sie zum unschuldigen Opfer, erzeugt wertvolle Empörung bei Bitcoinern und macht ganz automatisch Politik zum Thema, das sie dankbar mit mehr Wahlkampf ausfüllt.
Je weniger es zu Bitcoin-im-Bundestag zu berichten gibt, umso mehr Zeit und Verständnis erntet sie im Interview, sich als bessere Politikerin zu inszenieren.
Verharmlosung von “Rechtsaußen”
"Aber ist an dem Vorwurf nicht was dran, dass andere sie wegen ihrer AfD-Vergangenheit meiden?"
Ziemlich sicher sogar, aber die Kritik an ihrer mangelnden Distanzierung nach “rechtsaußen” ist nicht unbegründet:
Der ehemalige Vorsitzende Meuthen trat vor Cotar aus und erklärte u.a., dass “das Herz der Partei sehr weit rechts schlägt”, er dort “ganz klar totalitäre Ankläge” sähe und Teile der Partei nicht länger auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden. Später fügte er hinzu, einige ostdeutsche Landesverbände der AfD würden das Modell der “parlamentarischen Demokratie als solche” kritisieren und dass er seine ursprüngliche Einschätzung, diese Strömung sei “klein und sehr harmlos”, revidieren musste.
Cotar trat 10 Monate nach Meuthen aus der Partei aus. In diesen Monaten stuften die Verfassungsschutzbehörden die Landesverbände der AfD Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen zum Verdachtsfall hoch. Dass Cotar dennoch bei ihrem Auftritt erklärt, dass die Extremisten in der Minderheit und nicht das Problem seien, mag daran liegen, dass unter den Verdachtsfällen auch ihre eigene Landespartei AfD Hessen ist.
Stattdessen nannte sie Außenpolitik, Bundeswehr-Finanzierung sowie Korruption und Mobbing in der Partei als Austrittsgründe.
Noch ein Jahr zuvor schlug ihr Versuch fehl, eine gemeinsame Fraktionsspitze mit Tino Chrupalla zu bilden, der “schwarze Listen” für unliebsame Journalisten forderte und dessen “Heimat” AfD Sachsen mittlerweile als gesichert rechtsextrem gilt. Nach dem Bruch mit Chrupalla soll Cotar ihm und Weidel vorgeworfen haben, den “rechtsextremen Flügel der Partei” zu repräsentieren.
Dieser “rechtsextreme Flügel” ist zwar formal aufgelöst, breitet sich aber immer weiter aus:
Seit Cotars Eintritt in die AfD 2013 sehen die Verfassungsschutzbehörden bei 56% von ingesamt 34 Verbänden der AfD und ihrer Jugendorganisationen Junge Alternative (JA) mindestens erhärteten Extremismusverdacht, u.a. bei dem Bundesverband der AfD sowie bei den Landesverbänden der AfD Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen und Niedersachsen.
Bei 24% aller Verbände hat sich der Verdacht derart erhärtet, dass diese als gesichert rechtsextrem gelten, darunter die Landesverbände der AfD Sachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der Bundesverband der Jungen Alternative und deren Landesverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
(Update, Feb’24: Die Einstufung des Bundesverbands JA als gesichert rechtextrem ist laut Verwaltungsgericht Köln rechtmäßig).
Als der Bundestag 2018 darüber abstimmte, beim Bundesverfassungsgericht den Ausschluss der NPD von der Parteienfinanzierung zu beschließen, stimmte sie nicht wie 99.8% der Abgeordneten anderer Parteien (und sogar ihr AfD-Kollege Herdt) dafür, sondern enthielt sich. (Das Verfassungsgericht hatte zuvor explizit auf diese Möglichkeit hingewiesen, da die NPD zwar verfassungsfeindlich, aber für ein Parteiverbot (noch) zu klein sei.)
Update (Jan’24): Das BVerfG hat dem Antrag zugestimmt und die NPD für 6 Jahre von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen.
Wenn Cotar also wiederholt die Gefahren einer extremistischen Unterwanderung in der AfD herunterspielt und sogar auf Nachfrage nicht ausschließen konnte, mit dem rechtsextremen Höcke gemeinsam Wahlkampf zu machen, ist es nicht verwunderlich, wenn ihrer Offenheit nach Rechtsaußen mit Skepsis begegnet wird und "Bitcoin ist rechts"-FUD reanimiert wird.
Doch nicht für Bitcoin die Karriere geopfert?
Aber warum sollte sie überhaupt andere Politiker überzeugen und sie mit auf ihr goldenes Eintrittsticket nehmen? Profitiert Cotar nicht sogar noch mehr, wenn sie apolitische Bitcoiner zu "single-issue votern" konvertieren kann und sie als einzige "Bitcoin-Politikerin" wahrgenommen wird?
"Aber hat sie nicht ihre politische Karriere wegen Bitcoin aufgegeben und will nur anderen Parteien dabei helfen, dass diese Bitcoin auch angemessen in ihren Parteiprogrammen berücksichtigen können?"
Diesen Eindruck hat sie noch im August beim blocktrainer erweckt. Aber schon kurz nach der CBDC-Rede wurde gewarnt, nicht zu gutgläubig zu sein und dass das Herunterspielen der Gefahr vom “rechtsaußen Rand” zum Ziel haben könnte, rechte Parteikollegen und Wähler nicht zu verprellen und später für eine neue "AfD Classic" und Koalition mit Krall zu werben.
Wahlkampf in Bitcoin-Formaten
Im September auf der #BTC23 in einem Panel zu "Braucht Bitcoin die Politik" hat Samuel Kullmann als befreundeter Politiker der national-konservativen Schweizer EDU in einem Panel mit ihr auf der Bühne das Publikum dazu aufgerufen, Cotar wieder in den Bundestag 2025 zu wählen:
"Ja, ich habe ein Wort an die Bitcoiner aus Deutschland, ich weiß aus vielen persönlichen Gesprächen, wie politikfrustriert ihr seid, ich möchte euch aber trotzdem ermutigen, euch mit der Politik auseinanderzusetzen und insbesondere möchte ich Joana ein Kränzchen winden. Also ich bin mir keiner besseren Politikerin in Deutschland bewusst und tut doch alles, damit sie 2025 irgendwie die Wiederwahl wieder schafft […] so eine Frau, die braucht Deutschland auch weiterhin im Bundestag” [YouTube]
Übrigens mache ich @BitcoinDebbi als Moderatorin der Runde keinen Vorwurf: Samuel Kullmann hatte sich zuvor von Debbi zusichern lassen, dass er die letzten Worte ans Publikum richten darf. Dass er dann rhetorisch den Wahlaufruf zwischen einem persönlichen Lob an Cotar und dem Schluss-Applaus platzierte, und es so für das Publikum und Debbi unhöflich geworden wäre, nicht zu applaudieren, rechtfertigt die in der Community nicht unübliche Skepsis gegenüber Politikern:
Cotar und Kullmann mögen Bitcoin-Newbies sein, sind aber Rhetorik-OGs.
Einen Monat später auf der Plan B war dann aber auch endlich Samuel Kullmann an der Reihe, der rein zufällig auch gerade im Wahlkampf war:
Mit diesen Auftritten wurde eine wichtige Grenze überschritten:
Mir ist nicht bekannt, dass es zuvor jemals einen expliziten Aufruf zur Wahl eines Politikers oder Politikerin in einem monetarisierten (also über Clicks oder Ticketkäufe finanzierten, reichweitenstarken) Bitcoin-Format gegeben hat, geschweige denn, dass dies von der Moderation selbst geäußert oder mitgetragen wurde.
Wie kann die Community gleichzeitig argumentieren, "Bitcoin sei apolitisch" und dann mit Einnahmen aus der Community den Wahlkampf von Politikern unterstützen?
Wahlkampf statt Karriere-Ende
Wer den Aufruf zu Cotars Wiederwahl 2025 im September auf der BTC23 verpasst hat, dem sollte spätestens nach jüngsten Berichten der Welt und der Tagespost klar sein, dass Cotar seit Monaten an einer Neuauflage der Ur-AfD arbeitet. Laut dieser Quellen sind in den Planungen neben Joana Cotar auch Hans-Georg Maaßen als Vorsitzender der Werteunion und der “rechtslibertäre Publizist” Markus Krall involviert.
Update (Jan’24): Nachdem Cotar während ihrer AfD-Zeit die Werteunion und den damaligen Vorsitzenden Otte regelmäßig öffentlich kritisiert hatte, änderte sie ihre Meinung als Maaßen den Vorsitz übernahm und begrüßte eine neue gemeinsame Partei aus der Werteunion heraus und bestätigte nun, dass sie mit Herrn Maaßen dazu im Gespräch ist.
Kurz zur Erinnerung, Markus Krall war übrigens der “Libertäre”, der forderte, das Empfängern von staatlichen Subventionen das Wahlrecht entzogen wird. Damit meinte er nicht nur Sozialhilfeempfängern oder Studis mit BAföG sondern auch Betriebe, die staatliche Subventionen (z.B. für Kredite) erhalten und deren Mitarbeiter. Darüber hinaus sollte eine neue Verfassung auf dem “Willen Gottes” basieren und ein auf Lebenszeit gewählter Monarch über “absolute Vetomacht” verfügen (vgl. sein Buch “Freiheit oder Untergang”, S. 220).
Jedenfalls versucht Cotar nun für die neue Partei, wie sie selbst sagte, “das konservativ-freiheitliche Lager in Deutschland zu sammeln”.
Cotar ist also, wie von einigen Bitcoinern vorhergesagt, im aktiven Wahlkampf - und das gleich mit einer neuen Partei, die die Zusammenarbeit mit der AfD nicht scheut. Ganz im Gegenteil: Krall hofft darauf, dass die neue Partei genügend Stimmen von anderen Parteien stehlen kann, um der AfD-Koalition eine absolute Mehrheit zu beschaffen. Wer Cotar als Teil dieser neuen Partei wählt, verhilft also auch weiterhin der AfD an die Macht.
Bitcoin-YouTuber, die Cotar zuvor noch reichweitenstark mit dem Argument verteidigt hatten, sie hätte schließlich ihre Karriere geopfert, sollten jetzt genauso lautstark diesen Vertrauensbruch anprangern und umso stärker nicht nur "don't trust, verify" von sich und der Community einfordern sondern von Cotar endlich PoW statt leerer Wahlkampfphrasen.
Denn bisher hat nur Cotar von der Assoziation mit Bitcoin profitiert: Sie erhält besseren Zugang zur Bitcoin-Community, zu Bitcoin-Stammtischen, Spaces, Firmen, ... und vergrößert so ihre Reichweite auf potentielle Wählerstimmen.
Bitcoiner indes haben nur Nachteile und dürfen sich dank ihr mit reanimierter "Ist Bitcoin rechts?"-Kritik beschäftigen, die wegen Cotars Untertreibung der Extremismusgefahr in der AfD und einem nicht ausgeschlossenen Wahlkampf mit Höcke jetzt umso aufwändiger zu widerlegen ist und unsere Arbeit erschwert, Menschen (Politiker eingeschlossen) für Bitcoin zu gewinnen.
Welche Vorteile bringt uns eigentlich Cotar?
Die Frage "Welche Vorteile bringt uns eigentlich der Digitale Euro?" war ebenso berechtigt wie die ausbleibende Antwort erhellend. Gleiches gilt für die Frage "Welche Vorteile bringt uns eigentlich Joana Cotar?"
"Aber Cotar hat gesagt, wir müssen Angst haben, dass Bitcoin verboten wird, und wenn wir ihr eine Bühne für den Wahlkampf bieten, könnte sie im Austausch Lobby-Arbeit für uns zu machen".
Es ist richtig, dass es Versuche gab PoW zu verbieten und Kryptowährung stärker zu regulieren, mit unterschiedlichem Erfolg. (Aber das passiert im EU-Parlament und nicht alleine auf nationaler Ebene.) Es gibt zahlreiche Parteien, Politiker und Politikerinnen, die fester auf demokratischem Boden stehen, einfacher parteiübergreifend agieren können oder bereits aktiv versuchen, Regulation im Interesse der Bitcoiner zu formen, darunter z.B. CDU (Stefan Berger), FDP (Frank Schäffler, Moritz Körner) oder die Piraten (Patrick Breyer, Anja Hirschel, Sebastian Alscher).
Im Gegensatz zu Cotar, die “Bitcoin-im-Bundestag” als Backstage-Pass missbraucht, um vor Bitcoin-Publikum andere Politiker schlecht zu reden, haben obige Politiker die letzten Jahre überprüfbaren PoW abgeliefert indem sie entsprechende Politik gemacht haben.
Und selbst wenn sie wollte, könnte Cotar keine erfolgreiche, partei-übergreifende Bitcoin-Lobby-Arbeit machen:
Bei “linken” Politikern hat sie verloren, weil sie u.a. “Die Linken” als Kommunisten und die Grünen als Sozialisten einordnet und Wahlkampf mit Rechts-Extremisten nicht ausschließen konnte. Bei den “rechten” und “liberalen” hat sie mind. deshalb verloren, weil ihre neue Partei als Alternative zur CDU, FDP und AfD platziert ist und so um deren Wähler konkurriert.
Dass sich von der FDP und den Piraten niemand fand, mit Cotar auf der BTC23 gemeinsam aufzutreten bzw. Einladungen wegen der Person Cotar abgelehnt wurden, macht nochmal das Risiko deutlich, dass Cotars aktiver Wahlkampf und ihre unscharfe Positionierung im Rechts-Außen-Spektrum es erschwert, gemeinsam mit ihr Mehrheiten für Bitcoin-freundliche Politik zu bilden.
Tick tock, next block, BlackRock
Welche Nachteile kann uns Cotar also bringen? Einige.
Welche Vorteile kann uns Cotar noch bringen? Keine (aber vielleicht reicht es noch für einen weiteren, kurzweiligen Stunt als Bitcoin-Kleber im Bundestag mit orangener Farbe?)
Wie der Blocktrainer im Interview mit Cotar schon sagte:
"Politik braucht Bitcoin, aber Bitcoiner brauchen nicht die Politik"
und
“Es ist wichtig, dass ein unpolitisches Thema wie Bitcoin auch unpolitisch präsentiert wird”
Wir haben keine Eile. Cotar schon - bald sind Wahlen.
Die Zeit arbeitet für uns. Cotar arbeitet nur für sich.
Politiker, die PoW für Bitcoin bereits geleistet haben, sollen gerne in Bitcoin-Formaten darüber berichten. Wahlkampf und Aufrufe, eine bestimmte Person zu wählen, haben dort nichts zu suchen, und schaden Bitcoin mehr, als sie helfen.
In der Zwischenzeit stacken wir in Ruhe Sats und lassen lieber die Lobby-Profis (wie z.B. von Vermögensverwaltern und Energieunternehmen) die Politiker überzeugen. Die werden schließlich gut dafür bezahlt und konkurrieren im Gegensatz zu Cotar nicht um deren Jobs.
Tick tock, next block.
Einschub: Cotar-Drehbuch und Wahlkampf-Bingo
Wer einen Auftritt mit Cotar verpasst hat, oder sich vor dem nächsten Auftritt informieren will, wie so ein Auftritt abläuft, findet hier ihr übliches Drehbuch:
Vorbereitung
🎣 Hook - Projekt “Bitcoin in der Politik”, “Bitcoin im Bundestag”, … als Anlass um in Formate eingeladen zu werden und mit dem Titel Zuhörer und Follower anzulocken.
Auftritt
🙏 Nähe - “Ich bin Teil der Community” (Bitcoin ist super. Bitcoiner sind 😍. Dankbar, ein Teil davon zu sein.)
💣 Gefahr - “Politik ist kein Teil der Community” (Politik versteht Bitcoin nicht (FUD, “Bitcoin, nicht Krypto”), Politik ist eine Bedrohung für Bitcoin)
💡 Lösung - “Bitcoin im Bundestag” oder ein anderes neues Proekt ankündigen (Wir verschicken super-duper, extra viele Einladungen und Info-Material an Politiker
hoffentlich nimmt die keiner an)🤷 Schuldzuweisung - (Wir würden ja Veranstaltungen machen, aber leider, leider wollen die anderen Politiker nicht, weil die ideologisch verblendet sind und Cotar Kontaktschuld vorwerfen)
(Hier gerne kreativ werden und persönliche und nicht überprüfbare Anekdoten einbauen, wie Politiker ihr privat voll Recht geben, aber sie auf der politischen Bühne meiden, weil sie Angst vor Repressionen in der eigenen Partei hätten)
Da wegen schlechter Politiker kein Fortschritt zu berichten ist (schade, schade) kommen wir automatisch zum Hauptthema:
😤 Hauptthema - Regierungskritik (Corona, Impfung, Klima, Migration, Gendern, …) - alles ist erlaubt, was Stimmen bringt.
🤥 Projektion
Anderen Parteien (
das eigene, upps) Fehlverhalten vorwerfen.
🔀 Ablenkung
Politische Kommunikation 101: Unbequeme Fragen immer so beantworten, als wäre eine bequemere Frage gestellt worden (z.b. “Warum unterstellen Sie in Ihren Tweets, Flüchtlinge seien nicht auf der Flucht?” beantworten mit “Es ist wichtig, dass wir Fluchtursachen beheben”).
Hosts die finanziell darauf angewiesen sind, mit Cotar ihre Reichweite zu vergrößern (oder Diskussionen mit Politikern nicht gewohnt sind), würden ohnehin nicht widersprechen, korrigieren oder nachhaken. Win, win!
🤗 Appell
🗳️ Es ist ganz, ganz, ganz wichtig, dass (gerade apolitische und politisch frustrierte) Bitcoiner zur Wahl gehen
und die Cotar-Partei wählen.🤝 Wenn noch jemand anderes zu Gast ist, gerne die andere Person (oder die Moderation) vorher darum bitten, Wahlwerbung für einen selbst zu machen. So bleibt man selbst bescheiden und die Fürsprache durch jemand anderen verleiht mehr Gewicht. Bonus-Punkte: Sich von der Moderation vorab die letzten Worte zusichern, die bleiben länger im Gedächtnis und das Publikum klatscht am Ende garantiert erleichtert. Erinnerung im Kalender nicht vergessen, später revanchieren!
🍻 Das Publikum und andere Bitcoin-Formate dazu auffordern, mehr Politik-Themen zum Inhalt zu machen. Das stellt sicher, dass die Wahlkampftour nicht zu früh endet. Immer einfordern, dass Bitcoiner Politiker auf Meetups einladen sollen. Die Cotar-Partei muss schließlich nicht regieren und hat Zeit für Wahlkampf - die kommt gerne auf ein Bier vorbei und weiß dank Mitarbeit aus der Community genau, wie man Bitcoiner rumbekommt.
Nachbereitung
🎖️ Im Nachgang die Bitcoiner 😍 und die 🔥 Diskussion loben. Das suggeriert, man habe sich als Teil der Community bewährt und scheue auch kritische Fragen (die man dank Ablenkung nicht beantwortet hat 😉) nicht.
✍️ Jetzt ist Tweeten angesagt. Die neuen Follower haben Erwartungen. Auch mal mehrere Themen in einem Tweet mischen: Corona- und Klima-Wahn, Intoleranz von Transmenschen und Fachkräftemangel? Kein Problem. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer, dass auch ein Bitcoiner mit dem Tweet interagiert und dessen Follower auch darauf aufmerksam werden. Let’s go! 🚀
📣 Nach dem Auftritt ist vor dem Auftritt. Zwischendurch ein paar Teaser für ein neues Bitcoin-Projekt oder den nächsten Auftritt. Damit bleibt man im Gespräch.
P.S. Meta-Diskussion
Bitcoin-Formate, denen aufgrund ihrer Reichweite ein besonderes Vertrauen von Bitcoinern bzw. von Außenstehenden eine besondere Repräsentanz “der Community” zugeschrieben wird, haben eine besondere Verantwortung. Mir ist klar, dass die Art und Weise, wie sich diese Kanäle finanzieren, dazu verleitet, lieber als Erster neuen Content zu produzieren als nach Recherche nur der Zweite oder Dritte zu sein. “Don’t trust, verify” gilt dennoch meiner Meinung nach nicht nur für die Blockchain, sondern auch für den Umgang mit Kritik in der Community.
Dass wir als Community scheinbar zu allen Bitcoin-Kritiken reflexartig ein Gegenargument hervorzaubern (CO2? Methanreduktion! Bitcoin unendlich teilbar? Pizza ernährt die Welt! Energieverbrauch? EE-Ausbau und Netzstabilität! etc) ist das Ergebnis eines längeren Diskurses. Aber einige Bitcoiner - gerade die, von denen wegen ihrer Reichweite schnelle Antworten erwartet werden - reagieren irritiert und mit Ausgrenzung, wenn sie kein vorgefertigtes Gegenargument kennen oder es zu kurz greift.
Als z.B. der neue Vorwurf des “Wasserverlustes” durch Wasserkraftwerke aufkam, reagierten einige mit Spott und warfen zu Unrecht den Kritikern vor, sie würden damit das durch die Turbine fließende Wasser meinen. Stattdessen beschrieb die Studie u.a. die Verdunstung von Wasserrevoirs und die abgeschätzte Menge war nachvollziehbar korrekt. Natürlich bleiben Metriken wie Wassermenge pro Transaktion oder die Behauptung, dadurch würde in der Sahara Wasser fehlen, weiterhin typischer FUD.
Wenn aber eine angemessene Auseinandersetzung mit der Kritik fehlt, können wir auch keine gute Gegenkritik erstellen, wie z.B. hier, dass durch Bitcoin-Mining Entsalzungsanlagen effizienter und günstiger werden und so bei der Wasserproduktion helfen können.
Wenn wir von anderen differenzierte Bitcoin-Kritik erwarten, verpflichten wir uns auch für eine differenzierte Gegenkritik.
Im Falle von Cotar gelang das den üblichen Kanälen bislang leider nicht. Aber ich bin sicher, dass sie auf die Frage “sollten wir von einer BTC25-Bühne aus Bitcoiner dazu aufrufen, Höcke bei der anstehenden Bundestagswahl zu wählen” differenziertere Antworten finden als “auch Höcke darf Bitcoin nutzen” oder “dann kauf dir halt keine Eintrittskarte”.
Bitcoin mag apolitisch sein, aber das hindert Politiker nicht daran, Bitcoin zum politischen Wahlkampf-Thema zu machen. Warum sollten wir auf Politik-FUD weniger vorbereitet sein als auf Umwelt- oder Energie-FUD?
Super Artikel!! Richtig gute Arbeit, kritisch und detailreich... ich bin begeistert! weiter so